Die Top 10 der Muskelverspannungen – Teil 10: Die Wadenmuskulatur
Hatten Sie schon mal einen Krampf in der Wade? Ich glaube, da kann jeder aus eigener Erfahrung mitfühlen, wie schmerzhaft das ist. Warum neigen diese Muskeln häufig zu Krämpfen? Wodurch verspannen sie sich? Diesen Fragen möchte ich heute im letzten Teil meiner Reihe zum Thema „Muskelverspannungen“ nachgehen.
Die Wade besteht nicht nur aus einem Muskel, sondern aus mehreren Schichten übereinanderliegender Muskeln. In diesem Beitrag will ich aber nur den oberflächlichsten Muskel, den Gastrocnemius, betrachten. Dieser gibt der Wade seine typische Form und ist von außen gut tastbar und sichtbar, besonders, wenn Sie sich auf die Zehenspitzen stellen.
Der Gastrocnemius besteht aus zwei Teilen, die rechts und links hinten am unteren Ende des Oberschenkelknochens entspringen. Er beginnt also oberhalb vom Kniegelenk und setzt mit einer gemeinsamen Sehne, der Achillessehne, hinten am Fersenbein an. Seine Hauptfunktion ist die Streckung des Sprunggelenks, also die Zehenspitze nach unten zu bewegen. Bei aufgesetztem Fuß hebt er Ihren Körper auf die Zehenspitzen. Außerdem stabilisiert er das Kniegelenk und trägt zur aufrechten Haltung bei. Teilweise unterstützt er auch die Kniebeugung und kann die Fußsohle nach innen drehen.
Wodurch verspannt sich der Wadenmuskel?
Daran, dass der Gastrocnemius Ihr ganzes Körpergewicht nach oben drücken kann, wenn Sie sich auf die Zehen stellen, erkennt man, welche Kraft in ihm steckt. Wenn er allerdings nur selten und dann aber extrem gefordert wird, kann ihm das auch mal zu viel werden. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Sie neben Ihrem Büroalltag auf einmal eine große Bergwanderung oder lange Fahrradtour machen, an einem Volleyballturnier teilnehmen oder 10 km joggen gehen, ohne dass Sie solche Aktivitäten gewohnt sind. Vermutlich werden Sie dann am nächsten Tag zumindest einen kräftigen Muskelkater in den Waden haben.
Aber auch im ganz normalen Alltag kann es zu Verspannungen der Waden kommen, ganz einfach dadurch, dass sich Ihre Sprunggelenke über eine längere Zeit in gestreckter Position befinden. Das kommt häufiger vor, als Sie es sich vielleicht vorstellen können. Eine Möglichkeit dafür wäre das Tragen von Absatzschuhen. Dadurch befinden sich die Sprunggelenke über den Zehen, was den Winkel im Sprunggelenk vergrößert und damit den Wadenmuskel verkürzt. Eine andere Möglichkeit, diesen Muskel dauerhaft zu verkürzten ist das Sitzen mit nach vorne gesteckten Beinen oder aber mit unter den Stuhl gezogenen Füßen. In beiden Fällen befinden sich die Füße in einer getreckten Position und der Wadenmuskel damit in Verkürzung.
Wenn Sie sich dann in Schrittstellung stellen und die hintere Ferse bei gestrecktem Knie in den Boden drücken, spüren Sie wahrscheinlich, wie der Gastrocnemius unter Spannung gerät.
Was für Beschwerden können durch einen verspannten Wadenmuskel entstehen?
Außer den anfangs schon beschriebenen Krämpfen und einem Gefühl der Verspanntheit, können verkürzte Wadenmuskel noch weitere Beschwerden verursachen. So können zum Beispiel Probleme im Bereich der Achillessehne auftreten. Das geht von einer „einfachen“ Achillessehnenreizung oder Entzündung bis hin zu einem Riss der Achillessehne, wenn diese unflexibel gewordenen Strukturen einer plötzlichen Krafteinwirkung ausgesetzt sind. Auch Beschwerden an der Fußsohle, wie Fußschmerzen oder ein Fersensporn, hängen häufig mit zu viel Spannung in der Wadenmuskulatur zusammen. Des weiteren können natürlich Schmerzen in der Wade selbst oder im Kniegelenk auftreten.
Was kann man gegen Verspannungen der Wadenmuskulatur tun?
Zunächst einmal können Sie sich selbst beobachten und versuchen, herauszufinden, in welchen Situationen Sie Ihre Wadenmuskeln verkürzen. Suchen Sie dabei nach Positionen, in denen Ihr Sprunggelenk mehr als 90° gestreckt ist. Können Sie beim Sitzen Ihre Füße rechtwinklig unter den Knien auf den Boden abstellen? Manchmal sind die Beine zu kurz oder zu lang für die Stuhlhöhe, so dass man sich ungünstige Haltungen der Füße und Beine angewöhnt. Lesen Sie dazu mehr in meinen vorhergehenden Blogbeiträgen zum Thema „Sitzen“: Chronisches Sitzen, Und wie sitzen Sie? und Tipps zum guten Sitzen.
Wenn Sie den Ursachen für Ihre festen Muskeln auf die Spur gekommen sind, könne Sie daran arbeiten, diese Gewohnheiten zu verändern. Das geht allerdings besser, wenn Sie die Muskeln zunächst gezielt entspannen.
Übung zur Wadenentspannung
- Stellen Sie sich dafür mit beiden Füßen auf eine Treppenstufe oder einen niedrigen Hocker und halten sich am Geländer oder der Wand fest.
- Stellen Sie Ihre Füße so auf die Stufe, dass Sie nur mit der vorderen Hälfte der Füße auf der Stufe stehen und die Fersen frei in der Luft sind.
- Dann spannen Sie Ihre Wadenmuskeln an, so dass diese Ihren Körper hoch auf die Zehenspitzen drücken.
- Nun lassen Sie diese Anspannung langsam weniger werden und senken Ihre Fersen in einem sehr langsamen Tempo allmählich ab, bis diese unter dem Niveau der Treppenstufe und damit tiefer als Ihre Vorfüße sind. Spüren Sie schon ein Ziehen in den Waden?
- Senken Sie die Fersen nur soweit ab, bis Sie die erste Dehnung oder einen Schmerz in den Waden spüren. Wenn dies der Fall ist, gehen Sie wieder in die Anspannung, bzw. den Zehenstand und wiederholen die Übung mehrmals, bis Sie das Gefühl haben, dass Sie die Fersen immer weiter absenken können.
Weitere Ursachen für Krämpfe oder Schmerzen in den Waden
Außer einer Verkürzung des beschriebenen Gastrocnemius-Muskels, kommen natürlich auch noch ander Wadenmuskeln in Frage, wenn es darum geht, die Ursachen für Wadenschmerzen zu finden. Viele dieser Muskeln führen vom Unterschenkel bis zur Fußsohle oder sogar bis zu den Zehen. Deshalb können Fuß- und Zehenfehlstellungen auch Einfluss auf die Spannung der Wadenmuskulatur haben oder umgekehrt Verspannungen in der Wade Fehlstellungen am Fuß bedingen.
Sprechen Sie mich gerne an, wenn Sie das Gefühl haben, für Ihre Verspannungen im Bereich der Wade, Achillessehne oder Füße fachkundige Unterstützung zu benötigen. Ich werde dann bei einem ersten Termin in meiner Praxis schauen, welche Muskeln und Gelenke an Ihren Problemen beteiligt sind und sie entsprechend behandeln.