Wenn Rückenschmerzen nicht nur Rückenschmerzen sind: Die Bedeutung einer differenzierten Diagnose

Kürzlich kam eine Patientin zu mir, die über Rückenschmerzen und Taubheitsgefühl im vorderen Oberschenkel klagte. Aufgrund ihrer detaillierten Beschreibung hatte ich bereits einen Verdacht, doch die Diagnose sollte eine unerwartete Wendung nehmen.

Die Vorgeschichte

Die Patientin schilderte mir ihre Beschwerden, die seit etwa einer Woche anhielten. Sie vermutete einen eingeklemmten Nerv und suchte meine Hilfe. Gewappnet mit ihrer Beschreibung, hatte ich bereits im Vorfeld Vermutungen darüber angestellt, um welchen Nerv es sich handeln könnte. Die Inspektion und manuelle Untersuchung sollten weitere Erkenntnisse liefern.

Der Untersuchungsprozess

Bevor ich mich auf eine mögliche Behandlung einließ, führte ich die übliche Inspektion durch. Haltungsanomalien oder Schonhaltungen sollten dabei ans Licht kommen. Die manuelle Untersuchung konzentrierte sich auf die Beweglichkeit und das Ertasten von Verhärtungen in Muskulatur und Gewebe.

Nachdem ich das Becken und die Wirbelsäule der Patientin von hinten begutachtet hatte, bat ich sie, sich nach vorne zu beugen. Die Bewegung verlief schmerzfrei und ohne auffällige Einschränkungen. Doch als sie sich umdrehte, fiel mir ein Hautausschlag am Oberschenkel auf – der entscheidende Hinweis.

Die entscheidende Entdeckung

Die Patientin vermutete eine allergische Reaktion auf ein Schmerzgel, doch mein Verdacht lag woanders. Die Hauterscheinungen am vorderen linken Oberschenkel, bestehend aus größeren Flecken mit kleinen Pusteln, führten mich zu einem neuen Gedanken: Gürtelrose. Da ich nie zuvor eine akute Gürtelrose gesehen hatte, recherchierte ich in Fachliteratur und suchte nach Abbildungen. Diese bestätigten meine Vermutung.

Die Lehre aus der Erfahrung

Obwohl es geringfügige Hinweise auf muskuläre Verspannungen oder Blockaden im Becken oder der Wirbelsäule gab, war klar, dass Physiotherapie in diesem Fall nicht die geeignete Lösung war. Ich empfahl der Patientin dringend den Besuch beim Hausarzt.

Diese Erfahrung hat mir erneut vor Augen geführt, wie wichtig es ist, als Physiotherapeutin über den eigenen Fachbereich hinauszudenken. Rückenprobleme können Symptome verschiedenster Erkrankungen sein. Ein Blick über den „Tellerrand“ hinaus und die Fähigkeit zur Differentialdiagnose sind unerlässlich, um den Patienten die bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen.